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Das ist das Haus vom Nikolaus

Sprechzeichnen

Viele Eltern kennen vielleicht noch aus ihrer Kindheit Verse, zu denen sie gemalt haben oder auch gesprungen sind: Gummitwist oder 10er werfen mit dem Ball oder allerlei Sprachquatsch mit Stift und Papier. Zunehmend beobachten wir, dass viele Kinder diese alten Sprüche, die bisher mündlich von Generation zu Generation überliefert wurden, nicht mehr kennen oder es nicht gewohnt sind, so zu spielen.

Heute möchte ich über das Sprechzeichnen berichten, welches einen großen Sprachschatz in sich bergen kann.
Man könnte es auch als „handlungsbegleitendes Sprechen“ bezeichnen. 

Ich tue etwas und sage genau in demselben Moment das, was ich tue – ich begleite also mit meiner Sprache meine Handlung. Besonders fein wird das, wenn Sprache und Bewegung ganz genau zusammenkommen. Das Kind kann sich dabei selber gut spüren und schult sich in seiner Koordination. Wenn ich schneller male, spreche ich auch schneller; wenn ich langsam male, spreche ich auch langsamer. Die Sprechbewegung und die Atembewegung passen sich an die äussere Bewegung an oder umgekehrt. Das Kind ist zunächst noch ganz an seine Bewegung gebunden, die den Rhythmus vorgibt. So bildet sich auch über die körperliche Bewegung und die Wahrnehmung der Sprachrhythmus. Wenn das Kind sich über seine Bewegungen über verschiedene Wahrnehmungssysteme gut spürt, wird sein Sprachgefühl sicherer. 

In meiner Ausbildung zur Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin lernte ich die Inhalte von dem Buch von Waltraud Seyd über die Atemschriftzeichen in meiner Arbeit kennen. Waltraud Seyd formulierte es so: „Das Nachzeichnen von Symbolen erzeugt ordnende Wirkungen im seelischen Bereich.“ Diese ordnende Wirkung macht sich auch in der Sprache bemerkbar.

Immer wieder erlebe ich in meiner Arbeit als Logopädin, dass die Kinder sehr gerne Sprachspiele in Verbindung mit dem Formenzeichnen machen. Sei es in der Lauterarbeitung oder im Bereich der Grammatik. Neben den unten stehenden Wirkungen verbessern sich so fast nebenbei wichtige Bereiche der auditiven Verarbeitung (Hörwahrnehmung) wie u. a. das Gefühl für den Reim, die Hörmerkspanne oder das Gefühl für grammatikalische Strukturen. Dadurch dass die Sprache mit dem Rhythmus und der Bewegung verbunden ist, erfolgt eine intensivere und vielfältigere Abspeicherung, was wiederum zu einem verbesserten und nachhaltigem Ergebnis führt. 

Im Alltag erlebe ich oft, dass die Kinder diese Sprache und Formen so oft wiederholen wollen, wie sie dafür brauchen, um die Form, die Sprache, den Rhythmus, die Atmung sowie das Gefühl dafür verinnerlicht haben. Nicht selten beobachte ich die Kinder, wie sie im freien Spiel Elemente des Sprechzeichnens anwenden und meist kreativ angepasst an die jeweilige Situation verwandeln und abändern. Eine oder mehrere Strukturen, die zuvor im Sprechzeichnen geübt wurden, finden ihren Weg aus dem Inneren des Kindes hinaus ins freie Tun. Das Kind ist um Rhythmus, Sprache und dem damit verbunden Sprachgefühl bereichert. 

Es können positive Wirkungen in den folgenden Bereichen beobachtet werden: 

  • Ein Körpergefühl für Haltung wird entwickelt; die posturale Aufrichtungsfähigkeit wird verbessert. 
  • Die Atmung wird vertieft und rhythmisiert
  • Das Sprechen in Sinneinheiten und Atembögen wird gefördert.
  • Die Feinmotorik und motorische Koordinationsfähigkeit von Armen, Handgelenken und Fingern wird verbessert.
  • Die Konzentrationsfähigkeit wird verbessert.
  • Sprache und Sprechen werden verbessert (Erarbeitung von Lauten und grammatikalischen Strukturen)
  • Die Raum-Lage-Wahrnemung verbessert sich.
  • Auge-Hand-Koordination wird verbessert
  • Hemisphären-Überkreuzung (das Rechts-Links Denken) 
  • Aufmerksamkeit, Ausdauer und Konzentration werden verbessert
  • vorbereitende und begleitende Übungen zum genauen Schreiben
  • bessere Abspeicherung von Formen durch gleichzeitiges TUN (nicht nur visuelle Abspeicherung)
  • Verbesserung des Sprachgefühls
  • Sprachrhythmus wird verbessert
  • Graphomotorik (Druck, Haltung, Schwung)
  • Selbst-Bewusstsein durch klare Bilder und Formen
  • harmonisiert den Bewegungsablauf
  • Propriozeption und Taktil-Kinästhetik werden verbessert 

Frau Wiesendanger-Spreitzer formuliert es in ihrem Buch „Die Weisheit des Lernens“ so: „Schön schreiben hat viele Vorteile. Ich nehme mir die Zeit und präge mir mit dem Wort gleich ein Bild ein. Sage ich die Bedeutung noch dazu, habe ich bereits eine Vierfachspeicherung. Ich sehe, höre, spreche und schreibe das Wort.“ Auch die emotionale Komponente spielt hier eine wesentliche Rolle. Da das Kind durch klare Bewegungen sich selber sehr klar und strukturiert wahrnimmt, kann es sich besser spüren. Dies geht mit einem angenehmen Körpergefühl einher und wird somit positiv belegt. 

Beispiele aus meiner Praxis

Das ist das Haus vom Nikolaus. Der Weihnachtsmann wohnt nebenan.

Wer das nicht kann, fängt nochmal an.

Das ist die Erde, das ist der Mond. Kasperl will schauen, ob oben jemand wohnt.
Auf dem Mond wohnt keine Laus – da geht der Kasper wieder nach Haus.
1,2,3,4 – da ist der Kasper wieder hier.

Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Angesicht. 

Mit zwei spitzen Ohren, so ist sie geboren. Einen dicken Bauch hat sie auch.
Kritze, kratze, kritze, kratze – fertig ist die Miezekatze.

Minze, manze, Mäuschen, bleib in deinem Häuchen.
Bleib in deinem Mauseloch, sonst frisst dich die Katze noch.

Meine Mi, meine Ma, meine Mutter schickt mich her,
ob der Ki, ob der Ka, ob der Kuchen fertig wär.
Wenn er ni, wenn er na, wenn er noch nicht Fertig wär,
käm ich mi, käm ich ma, käm ich morgen wieder her.

Es regnet, es regnet, es regnet seinen Lauf.
Und wenns genug geregnet hat, dann hört es wieder auf.

Womit zeichnen wir?

Empfohlene Schreib- und Zeichenutensilien:
Farbstifte, Wachsfarbstifte, Kreiden, Zeichenkohle
Papier – raues Papier bietet Widerstand und erhöht den Abrieb, glattes, geschmeidiges Papier erlaubt ein reibungsloses Schwingen
Auf großen Blättern kann groß und schwungvoll mit Körpereinsatz gemalt werden, kleinere Papierformate grenzen mehr ein, setzen Grenzen, erhöhen die feinmotorische Leistung. 

So wünsche ich nun allen kleinen und großen Kindern viel Spaß beim Zeichnen! Vielleicht hat der ein oder andere ja Lust, sich selber einen Spruch oder eine Form auszudenken … oder eine kleine Geschichte …

 

Quellen: 

Vers und Form – Rhythmisches Zeichnen, Susanne Hertig

Sprache und Bewegung, Waltraud Seyd

Die Weisheit des Lernens, B. Wiesendanger-Spreizer

Formenzeichen, H.R Niederhäuser

Eva Büchel

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